Migration - Erde

Erde - Erde - Kultur und Migration
978-3-14-100800-5 | Seite 279 | Abb. 4| Maßstab 1 : 140000000

Überblick

Als Migranten werden Menschen bezeichnet, die ihr Land freiwillig oder unfreiwillig für mehr als ein Jahr verlassen. Die Gründe können Kriege, Verfolgungen und Hungersnöte, aber auch die Hoffnung auf einen Arbeitsplatz und ein besseres Leben sein.

Nach Angaben der Vereinten gab es 2013 rund 230 Mio. Migranten weltweit, 2005 waren es 191 Mio. Migranten und im Jahr 2000 noch 176 Mio. Die Migranten machen damit mehr als drei Prozent der Weltbevölkerung aus. Die meisten Migranten in einem Einzelland leben in den USA (2013: 46 Mio.), nach Erdteilen in Europa und Asien (je rund 70 Mio.). In Deutschland lebten im Jahr 2013 rund 10 Mio. Migranten, die größten Gruppen bilden hier Menschen aus der Türkei, Polen und Russland.

Ursachen von Migration sind zum einen die zahlreichen Verfolgungssituationen: Verfolgung aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen bis hin zur existenziell bedrohlichen Unterdrückung von Frauen. Weitere Fluchtgründe sind Kriegs- und Bürgerkriegssituationen sowie Hungersnöte. Ein weiterer Grund, der immer wichtiger wird, ist die Umweltzerstörung, die ein Überleben in der betroffenen Region immer schwieriger macht. Menschen, die ihr Leben riskieren, um einer Situation der völligen finanziellen und wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit zu entkommen, werden in den Industrienationen oft mit dem geringschätzigen Begriff des „Wirtschaftsflüchtlings“ beschrieben.

Flüchtlinge

Nach Angaben des UNHCR waren Ende 2013 insgesamt 51,5 Mio. Menschen auf der Flucht. Das UNHCR unterscheidet dabei drei Gruppen:

• Asylsuchende sind Flüchtlinge, die in anderen Ländern Aufnahme gefunden haben und für die gegenwärtig geprüft wird, ob sie dort Anspruch auf politisches Asyl und ein Bleiberecht haben. Dies waren Ende 2013 rund 1,2 Mio. Menschen.

• Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sind Menschen, die aus ethnischen, religiösen bzw. politischen Gründen oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe in ihrer Heimat verfolgt werden und diese deshalb verlassen haben. Dies waren Ende 2013 rund 16,7 Mio. Menschen, von denen 11,7 Mio. durch den UNHCR betreut wurden. Weitere 5,0 Mio. palästinensische Flüchtlinge wurden vom UNRWA betreut.

• Der größte Teil der Flüchtlinge – Ende 2013 rund 33,3 Mio. – sind Menschen, die zum Beispiel wegen Krieg, Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen ihren Heimatort verlassen haben, sich aber nach wie vor im eigenen Land aufhalten und dessen Grenzen nicht überschritten haben.

Nicht erfasst werden damit Flüchtlinge, die zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund von Naturkatastrophen ihr Heimatland verlassen haben.

Räumliche Strukturen

Die Karte zeigt die Hauptherkunfts- und Zielgebiete der Migranten anhand von Pfeilen. Die grünen Pfeile beziehen sich auf grenzüberschreitende Wanderungen von Arbeitssuchenden. Sie kommen zum Beispiel aus Mexiko und haben die USA als Ziel – dies ist die größte Wanderungsbewegung zwischen zwei Ländern weltweit. Auch Süd- und Ostasien sind auf globaler Ebene wichtige Herkunftsregionen von Migranten, die häufig die USA, aber auch Westasien als Ziel haben. Die Europäische Union ist in deutlich geringerem Maße als die USA das Ziel von Arbeitsmigration, dabei zeichnet sich keine Herkunftsregion als dominierend ab. Wanderungen von Arbeitsmigranten auf regionaler Ebene kennzeichnen zum Beispiel Südostasien (Kambodscha – Thailand, Myanmar – Thailand, Indonesien – Malaysia und umgekehrt), Teile Afrikas und die Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Bürgerkriege und Menschenrechtsverletzungen sind Beispiele für Ursachen, die internationale Flüchtlingsbewegungen auslösen können. Sie sind in der Karte mit roten Pfeilen markiert. Als Herkunftsregionen 2013 zeichnen sich der Nahe Osten (vor allem Syrien und der Irak), Mali, der Sudan und Zentralafrika ab, nach wie vor aber auch Afghanistan, die Kaukasusregion, Myanmar und China. Die drei Herkunftsländer mit den größten Flüchtlingszahlen waren 2013 Afghanistan, Syrien und Somalia, von dort kamen mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit.

Die Karte zeigt, dass der überwiegende Teil der Flüchtlinge aus diesen Krisengebieten in den Nachbarländern Aufnahme findet oder auch im Land selbst bleibt (s. Karte, blaue Kreise). Die fünf Länder, die 2013 die meisten Flüchtlinge aufnahmen, waren Pakistan, Iran, der Libanon, Jordanien und die Türkei. Jordanien nahm bei 6,5 Mio. Einwohnern rund 642 000 auf. Auf Deutschland umgerechnet, würde dies eine Aufnahme von mehr als acht Millionen Flüchtlingen bedeuten.

In den Industrieländern ist die Zahl der gestellten Asylanträge in den letzten Jahren stark gestiegen, 2013 waren es 613 000. Auf Europa entfielen 485 000 Anträge, ein Plus von 32 Prozent zum Vorjahr, auf Deutschland 110 000 Anträge (Angaben der UNHCR). Die meisten Antragsteller kamen aus Syrien.

Vorverlagerung der Grenzen

Vor allem die wohlhabenden Zielländer der Migration bringen ihre Nachbarstaaten, die als Transitländer dienen, zunehmend dazu, die illegale Migration bereits auf ihrem Territorium zu unterbinden. So kommt es zu einer Vorverlagerung der Migrationskontrolle bereits an die Peripherien. Zugleich werden Entwicklungshilfen und Finanzhilfen für verschuldete Regierungen häufig an die Bedingung geknüpft, dass sie sogenannten Rückübernahmeabkommen zustimmen und die Migrationskontrolle – auch durch Auffangeinrichtungen, Razzien und Abschiebungen – in ihrem Bereich übernehmen. So hat etwa Mexiko seit 2001 die Kontrolle seiner Südgrenze intensiviert. Jährlich werden dort etwa 250 000 Migranten aus Mittel- und Südamerika, die auf dem Weg in die USA sind, abgefangen und abgeschoben. Die mexikanische Südgrenze ist im Vergleich zur 3200 Kilometer langen Grenze zwischen Mexiko und den USA wesentlich leichter zu kontrollieren.

Staaten wie Libyen, Algerien, Marokko, Mauretanien, der Ukraine und der Türkei wird in Arbeitsteilung eine Türsteherfunktion vor den Toren Europas zugewiesen. Die vorgelagerten Kontrollen und die immer effizienteren Abwehrmaßnahmen führen dazu, dass die Fluchtwege immer länger und gefährlicher werden, und dass die Zahl der Todesfälle steigt.

Seit Oktober 2004 gibt es die Frontex, die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“ der Mitgliedstaaten der EU. Die Aufgabe von Frontex ist die aktive Sicherung der EU-Außengrenzen gegen Flüchtlinge und Migranten. Seit Mitte 2006 spielt Frontex bei den Maßnahmen weit vor den Toren Europas eine wichtige Rolle. Im Zuge von Frontex-Einsätzen werden Flüchtlingsboote bereits in internationalen Gewässern aufgebracht.

Die „Illegalen“

Jedes Jahr werden allein aus Europa zehntausende Menschen abgeschoben. Viele Flüchtlinge und Migranten müssen fast völlig rechtlos in Lagern leben oder schlagen sich als Illegalisierte durch. Weltweit sind 30 bis 40 Mio. Menschen von diesem Schicksal betroffen, in Deutschland schätzt man die Zahl der „Illegalen“ auf mehrere Hundertausend Menschen.

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