Europäische Union - Wirtschaftskraft

Europa - Europäische Union
978-3-14-100800-5 | Seite 100 | Abb. 2| Maßstab 1 : 36000000

Überblick

Das Wohlstandsgefälle innerhalb der Europäischen Union hat sich in den letzten Jahren stark vergrößert. Ursächlich dafür waren zum einen die Aufnahme vieler neuer Mitgliedsländer aus Osteuropa ab 2004, zum anderen die ökonomischen Schwierigkeiten einiger älterer Mitgliedstaaten im Zuge der Finanz- und Eurokrise ab 2007. Die Spitzengruppe der wirtschaftsstärksten Länder 2011 wurde angeführt von Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und Dänemark, während Rumänien und Bulgarien, die Beitrittsländer von 2007, gemeinsam mit Lettland, Polen und Estland, drei der Beitrittsländer von 2004, die Schlussgruppe bildeten.

Wirtschaftskraft und regionales Wohlstandsgefälle werden durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ermittelt. Letzteres bestimmt sich durch denWert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb einer festgelegten Zeitspanne in einer Region produziert wurden. Die Umrechnung des BIP in Kaufkraftstandards (KKS) bezieht auch die regionalen Preisunterschiede ein und ermittelt auf diese Weise den regionalen Wohlstand etwas konkreter und präziser.

Abgesehen von einigen Ausnahmen, etwa Teilregionen in Finnland, Schweden und Irland, lässt sich ein deutliches Einkommensgefälle von den reichen Regionen in Zentraleuropa zu den weit ärmeren in der Randlage der EU erkennen. Die durchschnittlich niedrigste Wirtschaftskraft wiesen zwischen 2009 und 2011 die Länder Osteuropas auf, und an diesem Ungleichgewicht hat sich seitdem wenig geändert. 2013 wurde die Liste der wirtschaftsschwächsten Länder angeführt von Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Polen, gefolgt von Kroatien (EU-Mitglied seit 2013), den baltischen Staaten, Tschechien und den kriselnden südeuropäischen Ländern Portugal, Griechenland und Spanien. Wie groß die Reichtumsunterschiede innerhalb der Gemeinschaft sind, lässt der Vergleich der nationalen Kaufkraft erkennen: 2013 lag das BIP in KKS in Luxemburg (58 844 Euro) um das 20-fache über dem Wert von Bulgarien (2919 Euro). Deutschland belegte in der Rangliste mit durchschnittlich 33 300 Euro pro Einwohner den neunten Platz und lag damit über dem EU-Durchschnitt von 25 700 Euro.

Die Disparitäten innerhalb der einzelnen Staaten sind in der Regel geringer als jene zwischen den Ländern, doch auch hier gibt es Ausnahmen; so waren von 2009 bis 20011 in Irland, Italien und Spanien ausgeprägte Reichtumsunterschiede zwischen den südlichen und nördlichen (bzw. nordöstlichen) Landesteilen zu verzeichnen. Überdies weisen die Hauptstadtregionen häufig ein deutlich höheres Produktivitäts- und Kaufkraftniveau auf als andere Landesteile (Beispiel: Tschechien und Prag).

In Deutschland gehen die Disparitäten zwischen den westlichen und östlichen Bundesländern (vgl. 70.1, 71.2-3) noch immer auf die unterschiedliche politische und wirtschaftliche Entwicklung in den Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung 1990 zurück.

Der Vergleich des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner mit der Bedeutung der jeweiligen Wirtschaftssektoren (vgl. 100.1) lässt erkennen, dass ein hoher Anteil von Beschäftigten in der Landwirtschaft in der Regel mit einer geringen Wirtschafts- und Kaufkraft einhergeht, während in stark dienstleistungsbetonten Regionen oft ein deutlich höheres Produktions- und Einkommensniveau herrscht. Dies ist allerdings nicht zu generalisieren.

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