Deutschland - Bevölkerungsdichte

Deutschland - Deutschland - Bevölkerung
978-3-14-100770-1 | Seite 68 | Abb. 1| Maßstab 1 : 3500000

Informationen

Betrachtet man die aktuelle Verteilung der Bevölkerungsdichte in Deutschland, wie sie auf Karte 1 dargestellt ist, so lässt sich ein übergeordnetes Dichteband erkennen, welches in verschiedene Seitenarme mündet. Aus dem Ballungsgebiet Randstad in den Niederlanden kommend, verläuft es ungefähr in Nord-Süd-Richtung entlang der Nieder-, Mittel- und Oberrheinachse bis in das Schweizer Mittelland. In Deutschland finden sich darin zwei besonders verstädterte Abschnitte, zum einen das Rheinland zwischen Wesel und Bonn, zum anderen der nördliche Oberrhein zwischen Bingen und Baden-Baden. Diese beiden Regionen könnten bereits als polyzentrische Stadtregionen bezeichnet werden. Die Bevölkerungskonzentration entlang der westdeutschen Rheinachse hat bedeutende Seitenbänder, die tief nach Deutschland hinein strahlen und sich in Richtung Küste bzw. zu den östlichen und südlichen Grenzen hin verlieren.

Das sekundäre West-Ost-Dichteband
Ein vom Rhein-Ruhr-Gebiet (begrenzt durch das Dreieck Wesel-Bonn-Hamm) ausgehendes sekundäres Dichteband erstreckt sich am nördlichen Mittelgebirgsrand bis nach Braunschweig, Wolfsburg und Magdeburg. Dessen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch bestehende Fortführung über Dessau, Halle, Leipzig hinein in den obersächsischen Verdichtungsraum (von Plauen im Südwesten bis Bautzen und Zittau im Osten) und darüber hinaus in das mittel- und oberschlesische Städteband bis Krakau und ins tschechische Mähren (Ostrau), löste sich – wie in der Kartenfolge gut zu erkennen ist – aufgrund von verschiedenen historischen Entwicklungen und Ereignissen, die für unterschiedliche Raumabschnitte eine jeweils andere Bedeutung hatten, ab Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend auf.

Entwicklungsstränge 1900 bis 2007
Die Karte von 1900 zeigt, dass die damals bereits bedeutenden Großstädte in- und außerhalb der heute erkennbaren Verdichtungszonen gegen das agrarische Umland noch scharf abgegrenzt waren. Ihre nachfolgende konzentrische Ausdehnung – die auch als Urban Sprawl bezeichnet wird – wurde stark durch die (Auto-)Mobilisierung der Bevölkerung, zum Teil auch durch die Ausweitung des schienengebundenen Verkehrs vorangetrieben, weil dadurch die Möglichkeiten der Distanzüberwindung erheblich erweitert wurden. Ein zweiter Grund war die explosionsartige Entwicklung des Wohnungsbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, die eng mit einer Steigerung des Lebensstandards gekoppelt war.
Ebenfalls auf der Karte zu sehen ist, dass sich Bevölkerungskonzentrationen um das Jahr 1900 allenfalls im Ansatz zeigen. Ausgeprägt waren allerdings schon die Disparitäten zwischen agrarischen, meist peripheren Räumen – etwa der Norddeutschen Tiefebene oder dem südlichen und östlichen Bayern, die um 1900 jeweils Dichtewerte von weniger als 50 Einwohnern pro km² aufwiesen – und den industriellen Räumen mit einer starken wirtschaftlichen Dynamik, wie dem Ruhrgebiet, der Region Frankfurt-Mainz-Mannheim, dem Stuttgarter und dem Sächsischen Raum. Die Karte von 1937 weist hingegen bereits eine stark angewachsene Zahl von Großstädten auf, die ein Resultat des anhaltenden Verstädterungsprozesses in den vorangegangenen Jahrzehnten waren. Zugleich lassen sich erstmals auch neue industrielle Verdichtungsräume außerhalb des jetzt klar erkennbaren Rhein-Ruhr-Gebietes erkennen, beispielsweise das polyzentrische Oberschlesien oder das monozentrische Saar-Revier.
Das Farbbild der gesamten Kartensequenz von 1900 über 1937 und 1970 bis 2007 darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die reinen Einwohnerdichtewerte raumgreifenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen nur langsam und erratisch folgen. Selbst ein so wichtiges demographisches Merkmal wie die Mobilität der Bevölkerung kann nur indirekt aus dem Verteilungsmuster gefolgert werden. Immerhin lassen sich jedoch auch historische Entwicklungen an der Entwicklung und Veränderung der Bevölkerungsdichte einigermaßen akkurat nachvollziehen. Als Beispiel mag die bereits beschriebene Veränderung in dem über Ostwestfalen, Südniedersachsen nach Sachsen verlaufenden Dichteband zwischen den Zeitschnitten 1937, 1970 und 2007 dienen.
W. Storkebaum, B. Richter

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